Noch größer als die 1938 erfolgte Auflösung waren die Folgen der nationalsozialistischen Herrschaft: Viele hatten in den sieben Jahren ihr Leben lassen müssen, einige waren vor dem Regime rechtzeitig geflohen, andere befanden sich noch in Kriegsgefangenschaft und wieder andere, die sich Organisationen der Nationalsozialisten angeschlossen hatten, mussten sich mit ihrer persönlichen Schuldfrage auseinandersetzen. Durch Hans Bayerl wurde der Österreichische Wandervogel 1947 erneut bei der Vereinsbehörde angemeldet. Fast zeitgleich mit einem ersten Treffen Wiener Wandervögel 1948 wurde auch in anderen Bundesländern versucht, die Arbeit im ÖWV fortzuführen. Als wirkliche Neuanfänge des ÖWV sind der Festakt im Wiener Schwarzenberg Palais im November 1951 und der Festakt im Innsbrucker Ferrari Palais im Jänner 1952 anzusehen, die zu einer enormen und dauerhaften Belebung des Vereinslebens der älteren Wandervögel auf Landesebene führten. In den meisten Bundesländern erfolgte die Gruppengründung zunächst durch ältere Wandervögel von oben herab, was zwangsläufig Generationskonflikte mit sich brachte. Zwei Zeitzeugenberichte sollen einen Einblick in die Situation nach 1945 geben. LINK Im Gegensatz dazu hatten sich in Wien Jugendliche zu Gruppen zusammengefunden, die zuerst stark von der Pfadfinderbewegung beeinflusst waren, 1952 aber in den Wandervogel eintraten. Ende 1953 konnten über 14 Wandervogelgruppen in Wien, Linz, Leoben, Klagenfurt, Salzburg, Steyr, Krems, Graz und Innsbruck gezählt werden. Als Zusammenschluss der Gruppen wurde der „Junge Bund“ im November 1953 gegründet. Zur selben Zeit erschien das erste Heft der Zeitschrift „der Junge Bund“, die in der Folge Spiegelbild der Entwicklungen im ÖWV sein wird. 1955 umfasste der Junge Bund, in 25 Buben und Mädchengruppen gegliedert, 320 Mitglieder, die auf den Großfahrten der ersten Jahre Schweden, Norwegen, Spanien und Griechenland bereisten. Je älter der Junge Bund wurde, desto eigenständiger begann er sein Leben zu führen – Selbsterziehung und Eigenständigkeit der Jugend wurde von den Jungen selbst in die Hand genommen. Als Höhepunkt der 1960er Jahre ist der Festbundestag 1961 anzusehen. Die 50. Jahresfeier des ÖWV zu Pfingsten 1961 wurde mit Vorträgen, Künstlerausstellungen, Chor- und Instrumentalmusik vielseitig begangen. Von Seiten des Jungen Bundes war man bedacht, dem Eindruck einer „Altenbewegung“ entgegenzuwirken und den eigenen, neuen Weg aufzuzeigen. Ab den frühen 1970er Jahren wurde der Junge Bund mehr und mehr von einer Spaltung in einen ‚musischen’ und einen ‚progressiven’ Zweig bedroht. Während der ‚progressive Zweig’ versuchte, den traditionellen Werten des Wandervogels abzuschwören, konzentrierte sich der ‚musische Kreis’ auf die Abhaltung von Musikwochen und Konzerten. Ein altersbedingter Führungswechsel entspannte die zugespitzte Lage schlussendlich. In den folgenden Jahrzehnten engagierten sich viele Mitglieder in der Umweltbewegung, der Anti-Atomkraft-Bewegung und der Friedensbewegung. So fanden gruppeninterne Ausflüge zu den Demonstrationen gegen das AKW Zwentendorf (1979) und den Bau des Wasserkraftwerks im Reichraminger Hintergebirge (1984), der Besetzung der Hainburger Au (1984) und gegen die Wiederaufbereitungsanlage Wackersdorf (1986) statt.